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Die Philosophie der Freiheit - 4. Folge Videokurs von Jac Hielema
Stand 28. Juni 2023: Eva hat mit viel Fleiß und Gefühl die Transkriptionen vom Videokurs mit Jac erledigt. Vielen Dank, Eva, ganz toll! Wir kommen dem Buchprojekt somit einen ganz großen Schritt näher! Mit dem nächsten Schritt werden Glossare (nicht nur Stichworte, sondern auch kurze Ausführungen von den Begriffen) für jeden Vortrag von Jac erstellt und die einzelnen Glossare werden in ein Gesamtglossar münden. BITTE MELDEN, wenn du bei dieser Arbeit MitTun möchtest. Übrigens, die Glossararbeit steht auch an für die Apokalypsevorträge von Wolfgang und für die Vorträge von Christoph Bolleßen. ... Für Weiteres bitte bei François melden. Danke! |
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«... Die Philosophie der Freiheit hat mich gerettet, hat es mir ermöglicht, mein Leben und meine seelische Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen, hat meinem Leben einen Sinn und eine Kohärenz gegeben. ...»[1]
Videokurs |
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Transkription von der 4. Folge vom Videokurs
Intro 0:00:00
Liebe Menschen, heute fangen wir an mit Modul vier mit dem dritten Kapitel der Philosophie der Freiheit von Rudolf Steiner "Das Denken im Dienste der Weltauffassung". Also, wir fangen an, das Denken selbst zu erforschen.
Anknüpfung an Modul 3
Aufgabe 1 (Positionswechsel) 0:00:51
Das Modul 3 haben wir mit zwei Aufgaben beendet. Die eine Aufgabe war, diesen Positionswechsel nochmal ein paar Mal zu machen. Also auf der einen Seite sehe ich mich als Subjekt der Welt, als Objekt gegenüber und gleichzeitig fühle ich mich als Teil der Welt, eins mit der Welt. Diese Spannung - wenn ich die größtmöglich mache in mir, wenn ich die erzeuge durch das Gefühl, ich bin Teil der Welt und das wirklich stärkt, hat das zur Folge, dass man sich frische Fragen stellen lernt. Also das war eine der Aufgaben. Ich hoffe, dass das gelungen ist.
Aufgabe 2 (Welche Weltanschauung habe ich?) 0:01:48
Die andere Aufgabe von gestern war zu erforschen, wie man eigentlich denkt, in welche Richtung man neigt, welches Menschenbild, welches Weltbild man hat. Ob man dualistisch denkt, also ob man auf der einen Seite die Welt und auf der anderen Seite die Vorstellungen der Welt hat und man glaubt, dass das irgendwie nicht zu einander kommen kann. Oder denkt man materialistisch? Also, es gibt keinen Geist. Alles, auch meine eigenen Gedanken und Gefühle werden durch materielle Prozesse erzeugt. Wenn man ehrlich ist, denkt man so oder denkt man gerade umgekehrt, dass man glaubt, es gibt überhaupt keine sinnliche Welt? Das ist ja alles nur Maya. Das ist ja alles nur Illusion. Es gibt nur Geist und alles ist durch den Geist in die Welt projiziert. Es kann sein, dass man das glaubt oder so denkt. Es ist nicht schlimm, wenn man so denkt. Aber macht es euch bewusst, wie ihr denkt! Heutzutage gibt es auch sehr viele Menschen, die hängen Theorien an, wo Geist und Materie, wo innerliche Welt und äußerliche Welt im kleinsten Teil, im Elementarteilchen oder in Elementarwellen eins sind. Vielleicht denkt ihr das oder studiert das.
Monismus - relativer Dualismus 0:03:31
Die Philosophie der Freiheit von Rudolf Steiner oder ich oder vielleicht du auch - wenn man wirklich nachdenkt oder wenn man zuschaut - lassen diese Erfahrung - dass man auf der einen Seite ein innerliches Leben und auf der anderen Seite ein äußerliches Leben hat, dass man die sinnliche Welt erfährt, aber auch die innerliche Welt erfährt, dass man die äußerliche Welt im Innenleben erfahren kann und dass man das Innenleben in der äußerlichen Welt ausdrücken kann, stehen. Ich nenne das relativen Dualismus oder auch Monismus. Steiner nennt es nur Monismus, obwohl er in Philosophie der Freiheit auch sagt, dass der Mensch durch sein Bewusstsein sich selbst gegenüber der Welt sieht. Das ist Dualismus, aber er fühlt, dass er auch Teil dieser Welt ist. Das ist Monismus. Beides ist gleichzeitig wahr. Und wenn man sich entwickelt zur Geistesforschung, zum Geisteswissenschaftler, dann lässt man diese Spannung nicht nur stehen, sondern macht die Spannung so groß wie möglich, weil das vorantreibt.
Kapitel 3 Das Denken im Dienste der Weltauffassung 0:05:03
Fangen wir jetzt an mit Kapitel drei „Das Denken im Dienste der Weltauffassung“. Steiner fängt an mit einem Beispiel von Billardkugeln, weil er mit Billardkugeln, also mit Kugeln, die mit einem Stoß die eine Kugel in Bewegung setzen und damit eine weitere Kugel bewegen - dazu habe ich mal eine Geschichte erzählt.
Billardspiel Goethe mit Kant, Schiller schaut zu 0:05:35
Ich werde nicht zu viel darüber erzählen, aber Schiller schaut zu, wie Immanuel Kant und Johann Wolfgang von Goethe zusammen ein Spiel Billard spielen. Und was die beiden großen deutschen Denker, Philosophen, Dichter überhaupt denken, wenn sie so ein Billardspiel spielen. Also Kant und Goethe sehen das Gleiche, aber ganz unterschiedlich. Und Schiller, der beide studiert hat, weiß, das. Der weiß, dass Goethe sich in dieses Spiel hineinlebt und dass er einerseits wahrnimmt, wie eine Kugel eine andere Kugel in Bewegung setzt und so auf diesem Billardtisch herum kullern, und dass er dann Begriffe bildet, um zu verstehen, wie das dann passiert. Kant auf der anderen Seite, der glaubt, dass dieses ganze Billard um den Billardtisch und diese Billardkugeln zu einer Welt an sich gehört, die man überhaupt nicht erkennen kann und dass man nur seine Vorstellungen über das Ganze erkennen kann. Und Schiller hat lange gezweifelt, wer Recht hat Goethe oder Kant?
Die Weltanschauung Goethes auf die Erkenntnis angewandt 0:07:11
Ich weiß, dass Rudolf Steiner als junger Mann den Auftrag bekommen hat, Goethes wissenschaftliche Arbeit zu erforschen und ein Buch darüber mit Kommentaren zu schreiben. Als zweites Buch hat Steiner dann geschrieben „Skizze, eine Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung“ , also über die Art und Weise, wie Goethe sich selbst in der Welt erlebt hat, wie Goethe die Welt anschaute, das hat Steiner sich bewusst gemacht, und das hat er aufgeschrieben in dieser Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung. Und die Philosophie der Freiheit ist eine Folge aus Goethes Weltanschauung. Man kann auch sagen, so wie Goethe das Pflanzenleben erforscht hat, die Natur erforscht hat, so erforscht Steiner - vom Kapitel drei angefangen in der Philosophie der Freiheit - das Gedankenleben, das eigene Gedankenleben. Das steht ja auch im Untertitel hier: „Rudolf Steiner; Die Philosophie der Freiheit; Grundzüge einer modernen Weltanschauung“ - das ist es eigentlich Goethes Weltanschauung - „seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode“. Diese naturwissenschaftliche Methode ist Goethes Weltanschauung. So wie Goethe das Pflanzenleben erforscht, so erforschen wir jetzt unser eigenes Gedankenleben.
Praktische Anschauung des Subjekt-Objekt-Problems 0:09:05
Steiner fängt an mit diesen Billardkugeln. Ich will hier jetzt ein anderes Objekt wählen, und ich habe eine Kanne gewählt.
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Also ab jetzt ist diese weiße Kanne, Milchkanne, Wasserkanne, Ölkanne - das wissen wir ja noch nicht - das zu erkennende Objekt. Und ich bin das erkennende Subjekt. Und wir stellen uns als Subjekt in Beziehung zu dieser Kanne als Objekt.
Das Wahrnehmen und Beobachten 0:09:51
Wenn ich diese Kanne erkennen will ist das Erste, was ich tue, wahrnehmen. Also ich observiere, beobachte diese Kanne. Und ja, was sehe ich dann? Sie hat eine sehr bestimmte Farbe. Sie ist ganz weiß. Sie ist glatt. Nur hier (an der unteren Fläche, die rau ist) ist sie nicht glatt. Das kann man auch hören (wenn ich mit dem Finger dort entlangfahre). Also, hier hört man nichts (auf der glacierten Fläche) und hier hört man etwas (raue Fläche unten). Auch hier drinnen ist sie glatt. Sie hat einen Henkel. Auf Holländisch heißt das ein Ohr. Da kann man sie festhalten. So kann man Flüssigkeit hinein füllen. Und dann kann man natürlich so ausschenken. Darum hat man hier eine Tülle. Das deutsche Wort weiß ich eigentlich nicht, aber das hilft, die Flüssigkeit in eine Richtung auszugießen. Eine Kanne, diese weiße Kanne hat auch noch eine bestimmte Form. Nach unten wird sie breiter, nach oben schmaler. Das ist diese Kanne. Man kann sie benützen für Wasser, Milch, vielleicht auch Limo. Ich würde sie nicht für Öl benützen. Eine Kanne.
Die Vorstellung ist vom Willen abhängig 0:11:38
Steiner fragt sich dann: „Warum - wenn ich etwas beobachte, was auch immer - habe ich die Neigung Begriffe zu bilden, zu verstehen, eine Vorstellung zu erzeugen, vom dem was ich da beobachte?" Also einerseits hat man diese Kanne - die habe ich jetzt möglichst gut beobachtet - und auf der anderen Seite bilde ich mir innerlich eine Vorstellung von dieser Kanne. Diese Kanne ist gegeben, ich habe sie in einer Küche gefunden. Die Vorstellung, ja, die erzeuge ich innerlich! Ob ich das tue, ob das physische und chemische Prozesse sind, das wissen wir noch nicht. Aber es sieht so aus, es fühlt sich so an, als ob ich diese Vorstellung von dieser Kanne selber erzeuge. Ich kann auch keine Vorstellung erzeugen. Ich kann einfach sagen, das ist eine Kanne, fertig. Darin habe ich hier eine eigene Wahlfreiheit.
Ich kann entweder sehr gut beobachten und eine sehr intensive, eine sehr exakte Vorstellung produzieren oder auch nicht. Das zeigt schon, dass irgendwie mein Wille etwas damit tun hat. Die Frage ist: "Warum will ich mir Vorstellungen bilden? Warum baue ich innerliche Vorstellungen von äußerlichen Prozessen, äußerliche Fakten? Warum lesen wir Bücher? Warum gucken wir jeden Tag das Fernsehen an, wo Leute sagen dies und das ist in der Welt passiert? Und das können wir so und so und so verstehen. Warum machen wir das? Weil wir uns ja ständig auseinandersetzen mit der Welt.
Bei dieser Kanne - wenn ich mir eine Vorstellung davon gemacht habe - weiß ich, was ich damit tun kann. Ich kann eine Flüssigkeit hinein füllen. Ich kann diese Flüssigkeit dann so mit hochnehmen. Und wenn es Leute gibt, die Gläser haben, dann kann ich so die Flüssigkeit verteilen. Wenn ich keine Vorstellung habe, dann weiß ich nicht, was ich damit anfangen soll. Dann ist es vielleicht zum Blumen reinstecken. Das kann man natürlich auch oder auch andere Sachen. Man erzeugt Vorstellungen, damit man versteht, damit man etwas tun kann mit den Sachen.
Das Erkennen und Denken 0:14:52
Also Steiner kommt dann also mit diesen Billardkugeln. Er sagt, wenn man einen Begriff hat, von dem, wie die Kugeln aufeinander reagieren, wenn man eine anstößt, dann braucht man eigentlich nicht mehr immer wahrzunehmen. Man weiß, wie es weitergeht.
Also einerseits hat man äußerlich eine Kanne. Diese Kanne kann man wahrnehmen, beobachten, observieren. Und andererseits - wenn man will - erzeugt man eine Vorstellung, Begriffe und Ideen von dieser Kanne, damit man weiß, was sie ist, wie man sie benutzen kann. Und so weiter. Und dieses Wahrnehmen auf der einen Seite und Beobachten auf der anderen Seite, das sind die Pole des Erkennens. Man braucht beides, eine Kanne oder ein Objekt, was sich aus sich selbst nicht den Begriff gibt. Den muss man denkend hinzufügen. Also beobachten und denken, wahrnehmen und denken. Das sind die beiden Prinzipien des Erkenntnisprozesses.
Wenn jemand eine Aussage macht, dann muss man sich eigentlich immer fragen: „Wo hat er das gesehen? Wo hat er das wahrgenommen? Aufgrund welcher Wahrnehmung sagt er das?" Und was er sagt, muss natürlich auch in einem klaren Gedanken formuliert sein, damit ich es nachdenken kann.
Es kann vorkommen, dass man beim Arzt ist oder so ein Arzt sagt: „Du bist so und so und so, oder?" oder ein Politiker sagt: „Ja, die Situation ist so und so und so,…" da muss man sich eigentlich immer fragen: „Aufgrund welcher Wahrnehmung sagt er das?“ Wenn er das nicht begründen kann, wenn man das also nicht mit wahrnehmen kann oder mitdenken kann, dann muss man ihm glauben. Es ist sehr wichtig, dass alles, was man sagt und auch alles, was man hört, dass man das hinterfragt. "Wie hat man das wahrgenommen? Wo hat man das wahrgenommen? Warum sagst du das eigentlich?"
Das "unbewusste" Denken 0:17:55
Ja, auf der einen Seite eine Wahrnehmung, auf der anderen Seite erzeugen wir also Begriffe, Vorstellungen. Wenn wir das nochmals erforschen, wenn wir uns selbst, wenn ich mich selbst während des Wahrnehmens, während des Beobachtens dieser Kanne noch von einem neuen Standpunkt beobachte - also, wenn ich mich selbst als erkennendes Subjekt zum Objekt mache - dann können wir etwas Neues wahrnehmen. Und was ist das? Wenn wir so etwas beobachten, dann ist unsere Aufmerksamkeit bei der Kanne. Also, ich beobachte diese Kanne, aber gleichzeitig bin ich beschäftigt mit dem Erzeugen einer Vorstellung! Aber ich bin mir gar nicht bewusst darüber, dass ich Vorstellungen erzeuge in diesem Moment. Ich bin mir gar nicht bewusst, dass ich ständig Vorstellungen erzeuge, während des Beobachtens. Und warum bin ich mir da nicht bewusst, dass ich das tue? Weil ich es tue.
Man könnte es vergleichen mit einem Kind, das sich in einem Spiel verliert, wirklich verliert, das so in seinem Spiel drinnen ist, dass es vergisst, dass es überhaupt spielt mit Klötzen oder eine Zeichnung macht oder weiß was. So ist es auch mit dem Denken. Wir sind immer mit unserer Aufmerksamkeit bei dem, was wir wahrnehmen und nie bei uns selbst, dass wir gleichzeitig ständig Vorstellungen, Begriffe und Ideen bilden, damit wir das, was wir wahrnehmen, das was wir beobachten, verstehen und erklären können, die Beziehung zwischen verschiedenen Wahrnehmungen denken können. Darüber muss man sich klar werden, dass man eigentlich unbewusst immer denkt und man wird sich darüber bewusst, dass man immer denkt, wenn man den Erkenntnisprozess selbst innerlich zum Objekt des Erkennens macht. Dann sieht man, dass man mit seiner Aufmerksamkeit immer beim Objekt ist und nie bei sich selbst, als Subjekt, dem denkenden Subjekt, das ständig denkt und Vorstellungen erzeugt. Und gerade deshalb, weil wir diese Vorstellungen erzeugen, erfolgt daraus, dass wir das Denken selbst erkennen können als nichts anderes in der Welt, weil wir selber dabei sind, wenn wir es erzeugen.
Also wir müssen jetzt eine Situation kreieren, wo wir dabei sind, wenn wir Vorstellungen erzeugen, dass wir das erleben können.
Zusammenfassung: Wahrnehmen, Vorstellen, Erkennen, Denken 0:21:42
Also, was haben wir bis jetzt behandelt? Beobachten und denken, das sind die beiden Elemente des Erkennens. Ein Objekt aus sich selbst erzeugt keine Begriffe. Das muss ich tun in meiner Innenwelt. Ich brauche es nicht zu tun, aber ich kann es tun, wenn ich will. In diesem Erkenntnisprozess bin ich mit meinem Bewusstsein immer beim Objekt und nicht bei mir selbst, bei dem, der Vorstellungen der Begriffe erzeugt. Das sind nämlich zwei verschiedene Sachen. Auf der einen Seite „Beobachten“, das ist etwas Passives und auf der anderen Seite „Vorstellungen produzieren“, das ist etwas Aktives. Ich mache das aber gleichzeitig. Ich bin mit meinem Bewusstsein bei der Kanne, bei dem Objekt und ich beobachte nicht gleichzeitig, wie ich denkend Vorstellungen erzeuge. Das verschwindet einfach aus meinem Bewusstsein.
Wie verhält sich das beim Gefühl? 0:23:21
Das steht im Gegensatz zum Gefühl. Also wenn ich ein Objekt beobachte, dann kommt auch immer ein Gefühl dazu. Also dieses Objekt, diese weiße Kanne finde ich schön. Wenn ich sie beobachte, dann kommt bei mir ein Gefühl von Ruhe, Ordnung, Vertrauen. Ja, diese Kanne erzeugt bei mir ein Gefühl von Vertrauen in mir. Das kann bei jeder Person natürlich anders sein. Bei mir ist es so. Nun kann ich wiederum diese Gefühle, die ich habe, nicht wahrnehmen, sondern einfach passieren lassen. Es ist aber gut, wenn man sich immer bewusst wird, was man fühlt in verschiedenen Situationen, auch was man fühlt, wenn man etwas beobachtet. Und was man da eigentlich tut, ist: mit seinem Bewusstsein geht man zunächst zu der Kanne. Diese Kanne erzeugt in mir Gefühle. Dann gehe ich mit meinem Bewusstsein zu meinen Gefühlen. Aha, sie erzeugt mir Gefühle von Vertrauen. "Und was tue ich die ganze Zeit?" Ich erzeuge Vorstellungen von der Kanne und ich erzeuge Vorstellungen von meinen Gefühlen. Ein dritter Schritt wäre: jetzt gehe ich mit meinem Bewusstsein zu meinem Denken und dann sehe ich, dass ich es bin, der Vorstellungen von der Kanne und von den Gefühlen erzeugt.
Kann ich "das Denken" erkennen? 0:25:01
Ja, und gerade, weil ich es bin, der diese Vorstellungen erzeugt, macht es möglich, dass ich das Denken wie nichts anderes in der Welt erkennen kann. "Wieso denn?" Ja, weil alles in der Welt, alle Objekte in der Welt, die sind irgendwie gegeben. Ich weiß nicht, wie die in der Welt zustande gekommen sind. Natürlich kann ich denken, dass die Kanne entweder eine Maschine oder ein Mensch oder eine Kombination aus beiden gemacht hat. Sie ist erzeugt worden. Das kann ich natürlich denken. Aber wie, wo, wann, wer, weiß ich nicht. Aber es gibt ein Objekt in der Welt, wovon ich wissen kann, wie, wenn, wo, wann es erzeugt hat. Und das ist eine Vorstellung. Also, wenn ich meine Vorstellung zum Objekt des Erkennens mache, dann komme ich in eine besondere Situation. Und das ist der nächste Schritt.
Zeichnung
Also ich werde das nochmal zeichnen. Auf der einen Seite, in der sinnlichen Welt hat man das Subjekt, das erkennende Subjekt. Und auf der anderen Seite hat man diese Kanne als zu erkennendes Objekt. Wenn ich das Objekt observiere, dann produziere ich gleichzeitig eine Vorstellung von dem Objekt. Aber davon bin ich mir zunächst nicht bewusst, weil ich mit meinem Bewusstsein bei der Kanne bin, bei dem Objekt und nicht beim Erzeugen der Vorstellung des Objektes. Gleichzeitig erzeugt mein Körper - das weiß man nicht genau - Gefühle. Und diese Gefühle, die kann ich dann auch beobachten und benennen. Und so haben wir das Denken und das Fühlen in einem Bild erfasst.
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Und jetzt gehen wir einen Schritt weiter. Auf der physisch-sinnlichen Ebene: Denken -Beobachten. Schritt zwei: Wir werden das, was wir erzeugt haben, diese Vorstellung zum Objekt des Wahrnehmens machen.
Übung - Die Vorstellung wird das Objekt des Wahrnehmens! 0:28:55
Also ich fordere euch auf, euch hinzusetzen und die Augen zu schließen und euch eine Vorstellung von dieser Kanne vor das innerliche Auge zu stellen, in einem innerlichen Raum. Ich werde diesen Raum vorläufig „seelischen Raum“ nennen. Man kann das am besten so aufbauen, dass man die Augen schließt und sich selbst nach innen kehrt, sich selbst sitzen fühlt. Dann wird man sich seines Innenlebens bewusst. Bei mir ist es dumpf und dunkel. Aber ich kann, wenn ich will, das Dunkle, das Dumpfe oder den großen Raum voll mit Bildern, mit Erinnerungsbildern, mit Wünschen, mit Vorstellungen von der Zukunft, das kann ich dann ja einfach sein lassen und innerlich einen freien Raum kreieren vor meinem inneren Auge und in diesem freien Raum stelle ich mir jetzt diese weiße Kanne vor. Ich bitte euch, das auch zu tun.
Bei mir schwebt jetzt diese Kanne vor meinem inneren Auge in einem leeren Raum. Und ich lasse diese Kanne so sehr langsam drehen um ihre vertikale Achse. Ein bisschen schräg, so wie die Erde im All. Und wenn ich das tue, ja, dann erlebe ich etwas Besonderes. Ich erlebe, dass ich es bin, der diese Vorstellung erzeugt. Ich bin es, der diese Vorstellung von der Kanne vor meinem inneren Auge ein bisschen drehen lassen kann. Und ich kann, wenn ich will, Wasser in meiner Kanne denken. Und wenn ich es gedacht habe, ist es in der Kanne. Und jetzt kann ich, wenn ich will, das Wasser wieder so heraus schenken, herausströmen lassen. Wenn ich das tue - wenn es mir gelingt, gut dabei zu bleiben, immer diese Kanne vor meinem inneren Auge zu haben, Wasser drinnen zu denken, das wieder herausströmen zu lassen, die Kanne drehen zu lassen - fühle ich wie eine bestimmte Ruhe in mir aufkommt.
Ich kann ein bisschen spielen damit. Ich kann diese Kanne jetzt rechtsrum hinter mir verschwinden lassen, sie geht hinten entlang und kommt dann linksrum wieder zurück. Ich mache das noch einmal. Und das Verwunderliche daran ist, wenn die Kanne so hinter mir schwebt, dass ich sie immer noch sehe. Gleichzeitig ist dieser Kanne hinter mir. Ich kann die Kanne auch lassen hinter mir nach oben verschwinden, hinter meinem Rücken um nach unten unter meinen Füßen entlang, dann wieder nach oben kreisen lassen.
Ja, wenn ich das tue, dann werde ich mir bewusst, dass dieser innerliche Raum, der seelische Raum, sehr groß ist und sich erweitern kann. Ich kann damit spielen. Was ich auch fühle, wenn ich diese Übung mache, ist ein Gefühl von Freiheit. Ich bin mir darüber bewusst, dass ich es bin, der diese Vorstellung erzeugt hat. Und ich kann tun, was ich will. Das erzeugt in mir eine Freude, ein Gefühl von Freiheit. Ich bin gespannt, was ihr fühlt. Ja, öffnet die Augen wieder.
Der Descartes-Moment - der feste Punkt! 0:35:32
Also ich nenne so einen Moment - in dem man innerlich ein Objekt, was man selber erzeugt hat sieht - das nenne ich René Decartes-Moment. Descartes hat im 17. Jahrhundert geschrieben „Ich denke, also bin ich“. „Was heißt denn das?“
Descartes suchte nach einem festen Punkt. Er studierte natürlich auch alle Philosophen vor ihm, die waren aber nicht befriedigend und er suchte nach einem festen Punkt im Universum und alles, was er als festen Punkt zunächst feststellte, musste er wieder gehen lassen. Und zum Schluss blieb nichts anderes übrig als er selbst, als Denker, weil er sah - so wie wir selbst jetzt gerade gesehen haben, dass wir denkend Vorstellungen erzeugen, also Denkerfahrungen erzeugen. Und in dieser Erfahrung weiß ich, dass ich existiere als Denker. Selbst wenn ich zweifle, ob ich gut denke oder schlecht denke - es sind ja alles Gedanken. Und als Denker kann ich daran ja nicht zweifeln. Also darum nenne ich diesen Moment Descartes-Moment, wo man denkend, also Denkerfahrungen erzeugt und darum weiß, dass man existiert, dass man ist als Denker.
Und - damit werde ich für heute abschließen - man kann noch zwei Sachen wahrnehmen. 1. Es sind nicht physische oder chemische Prozesse, die meine Gedanken erzeugen. Natürlich kann ich immer noch denken, dass es physische oder materielle Prozesse sind, die meine Gedanken erzeugen. Aber jetzt kann ich sehen, dass ich diese Gedanken erzeuge. Und ich muss folglich diesen Gedanken als falsch loslassen. Es sind nicht meine physischen und chemischen Gehirnprozesse, die diese Gedanken erzeugen. Nein, ich bin es, der diesen Gedanken erzeugt. Das ist das eine.
Und das andere ist es ist auch nicht ein Gott oder etwas Geistiges, was unbewusst in mir einen Gedanken erzeugt. Nein, ich bin es, der denkend Gedanken erzeugt. Und dieses Ich - das, was ich als Ich erlebe als der Erzeuger dieser Gedanken - das kann man als etwas Göttliches verstehen, etwas Geistiges verstehen, das ist der eigene Geist in erster Instanz. Aber das hat man dann voll bewusst erlebt, dass ich es bin, der denkend Gedankenerfahrungen erzeugt und darum weiß, dass ich als Denker existiere.
Ja, jetzt sind wir Abschnitt 17 oder 19, glaube ich, in Philosophie der Freiheit im dritten Kapitel. Ich werde hier abschließen und demnächst dieses Kapitel fertig machen.
Aufgabe - Vorstellung erzeugen - Vorstellung in Erinnerung rufen! 0:39:56
Als Aufgabe gebe ich selbstverständlich auf, übe den ersten Schritt. Wähle ein Objekt: In erster Instanz, ein Objekt, etwas, was durch Menschen erzeugt ist und was eine deutliche Funktion hat. Beobachte es möglichst gut. Je besser man es beobachtet, desto besser kann man es als Vorstellung wieder erzeugen. Das ist der erste Schritt. Der zweite Schritt abends: Schließe die Augen und erzeuge vor dem inneren Auge diese Vorstellung und spiele mit der Vorstellung, fühle, dass du frei bist, damit zu spielen. Danke.
Ergänzung zur obigen Zeichnung 0:41:20
Also wir haben das Objekt, wir haben das Subjekt und jetzt machen wir eine Vorstellung zum Objekt des inneren Auges in einem inneren Raum. Und dieses innere Auge, das ist eigentlich ein innerliches Subjekt. Das bin ich. Aber die Vorstellung erzeuge ich auch. (Bei der oberen Zeichnung wird bei der Vorstellung noch ein inneres Auge in den Kreis gemalt)
Man kann sagen, dass in der Seele, im innerlichen Raum man einerseits wieder denkt und denkende Aktivität erzeugt. Und auf der anderen Seite kreiert man eine Vorstellung, denkendes Vorstellen. Dazu kommt, ob man ein wirkliches Objekt oder eine Vorstellung von diesem Objekt observiert, die Gefühle, die dazukommen, die sind gleich. Also wenn man im Alltag vergisst, zu observieren, was man in Situationen eigentlich fühlt, kann man abends die Situation sich noch mal wirklich möglichst gut vorstellen und dann kommen die Gefühle auch wieder. Und dann kann man hinterher noch die Gefühle benennen und fühlen, was man da eigentlich fühlt in verschiedene Situationen. Es ist sehr wichtig, dass man das Fühlen auch immer mitnimmt, weil die Gefühle dich mit der Welt, mit dem, was man observiert, beobachtet verbinden.
Es gibt noch ein drittes Niveau und ein viertes Niveau. Aber das werden wir dann nächstes Mal behandeln. Danke.
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Glossar
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A |
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B BEOBACHTUNG
BILD
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C |
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D DENKEN
DESCARTES-MOMENT
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E ERKENNTNIS
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F |
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G GEFÜHL
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H |
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I |
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J |
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K |
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L |
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M |
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P |
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Q |
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R |
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S SUBJEKT-OBJEKT
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T |
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U ÜBAUFGABE
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V VORSTELLUNG
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W WAHRNEHMUNG
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X |
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Einzelnachweise
- ↑ Ausschnitt aus einem Zitat von Jac Hielema vom 25. März 2023, welches als Testimonial zur GA 4 gemeint war