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Die Philosophie der Freiheit - 14. Folge Videokurs von Jac Hielema
Stand 28. Juni 2023: Eva hat mit viel Fleiß und Gefühl die Transkriptionen vom Videokurs mit Jac erledigt. Vielen Dank, Eva, ganz toll! Wir kommen dem Buchprojekt somit einen ganz großen Schritt näher! Mit dem nächsten Schritt werden Glossare (nicht nur Stichworte, sondern auch kurze Ausführungen von den Begriffen) für jeden Vortrag von Jac erstellt und die einzelnen Glossare werden in ein Gesamtglossar münden. BITTE MELDEN, wenn du bei dieser Arbeit MitTun möchtest. Übrigens, die Glossararbeit steht auch an für die Apokalypsevorträge von Wolfgang und für die Vorträge von Christoph Bolleßen. ... Für Weiteres bitte bei François melden. Danke! |
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«... Die Philosophie der Freiheit hat mich gerettet, hat es mir ermöglicht, mein Leben und meine seelische Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen, hat meinem Leben einen Sinn und eine Kohärenz gegeben. ...»[1]
Videokurs |
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Transkription von der 14. Folge vom Videokurs
Einleitung und kleine Wiederholung 0:00:06
Liebe Leute, wir machen weiter mit der Philosophie der Freiheit, Kapitel neun, der zweite Teil dieses Kapitels. Im ersten Teil haben wir unsere Triebfedern und unsere Motive behandelt. Eigentlich haben wir zunächst noch mal gesagt, dass man sich selbst als Ich erfahren muss und dass wir lernen müssen, dass wir aus unserem Ich heraus - das ist die Idee der Freiheit - dass wir aus unserem Ich heraus unser Leben in die eigenen Hände nehmen. Die Philosophie der Freiheit hat Steiner in Jahre 1894 geschrieben.
Philosophie der Freiheit als lebendiger Organismus 0:01:25
Steiner sagt selbst von der Philosophie der Freiheit, dass sie ein Organismus ist, sie ist ein lebendiges Wesen. Ein lebendiges Wesen heißt, dass es einen physischen Leib hat und ein spirituelles Wesen in sich. Früher als Kind, als ich zur Kirche ging, hat der Pfarrer immer gesagt, die Bibel sei lebendiges Wort. Da habe ich immer gedacht, dass das doch Quatsch sei, das sind doch tote Wörter, die dann einen Satz bilden. Das hat doch nichts mit Lebendigkeit zu tun. Aber durch die Philosophie der Freiheit habe ich verstanden, dass es tatsächlich, obwohl es gedruckte Buchstaben sind, dass es lebendiges Wort gibt.
Vergleich Philosophie der Freiheit und das Johannes-Evangelium 0:02:32
Dann bin ich in meiner Forschung weiter gegangen - ich habe jetzt eine Bibel mitgenommen, von der der Pfarrer sagt, das sei lebendiges Wort. Ich habe entdeckt, dass das Johannes-Evangelium genauso wie die Philosophie der Freiheit ein Organismus ist, also etwas Lebendiges. Das ist genauso, wie die Philosophie der Freiheit ein Wesen enthält. Also die Bibel verkörpert ein Wesen, das in diesem Wort, in diesem Organismus lebt. Ich bin zu der Schlussfolgerung gekommen, dass das Wesen des Johannes-Evangeliums das gleiche Wesen ist wie das Wesen der Philosophie der Freiheit. Also man könnte sagen, das Johannes-Evangelium ist eine Philosophie der Freiheit von vor 2000 Jahren, und/oder die Philosophie der Freiheit ist ein Johannes-Evangelium der heutigen Zeit.
Das, was ich jetzt hier mache, sind Philosophie der Freiheit Kurse. Ich könnte auch Johannes-Evangelium Kurse machen. Das Ziel ist das Gleiche. Das Ziel ist, sich selbst als schaffender Geist zu erleben und das Leben überhaupt aus diesem schaffenden Geist heraus in die eigenen Hände zu nehmen.
Die Philosophie der Freiheit, Kapitel neun, die Idee der Freiheit fängt an mit: Man muss zunächst erfahren, wie das Wesenhafte des Denkens ein in sich selbst ruhendes Erlebnis ist.
Zitat: „Intuition ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes. Nur durch eine Intuition kann die Wesenheit des Denkens erfaßt werden“
Wenn man das erfahren will, kann man auch den Anfang des Johannes-Evangeliums meditieren.
Zitat (Johannes-Evangelium): „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott (man könnte auch sagen, am Anfang war „Ich“ und „Ich“ war bei Gott und „Ich“ bin Gott) und etwas später steht da: „Das Licht kam in die Welt und die Welt (wir) ist durch ihn (Logos) geworden (geschaffen), aber die Welt (wir sind die Welt) erkannte ihn (Logos) nicht. Er kam in sein Eigentum (Er kam zu dein Seinigen, zu den Menschen, die er geschaffen hat), aber diese nahmen ihn (Logos=Ich) nicht in sich auf. Allen aber, die ihn (Logos = Ich) in sich aufnehmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.
Das ist genau was passiert, wenn man sich selbst erfährt als schaffender Geist. Dann wird man ein Kind Gottes. Dann fängt man an, die Welt umzusetzen, aus dem Geiste heraus. Und in der Bibel steht:
Bibelzitat: „Allen, die da an seinen Namen glauben.“ (Also allen, die sagen können „Ich bin!")
Jetzt geht es noch weiter:
Bibelzitat: „Alle Menschen, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind“.
Wir haben von Triebfedern gesprochen. Man könnte auch sagen: alle die nicht aus der Wahrnehmung, die nicht aus den Emotionen handeln, die auch nicht aus ihren Vorstellungen, aus Autorität handeln, sondern direkt aus ihrem Ich heraus handeln. Man könnte das Johannes-Evangelium und die Philosophie buchstäblich nebeneinanderlegen und sehen wie sich dasselbe Wesen im Johannes-Evangelium und 2000 Jahre später in der Philosophie der Freiheit verkörpert hat. Ich wollte das nur mal gezeigt haben, dass es darum geht, sich selbst als Logos, sich selbst als Ich, als schaffender Geist zu erleben. Und dass wir aus diesem Ich heraus die weitere Entwicklung unserer eigenen Seelen, die Weiterentwicklung des Lebens in die eigenen Hände nehmen.
Wenn ich jetzt wieder zurückkehre zur Idee der Freiheit, Kapitel neun: Wir sind ja stehen geblieben bei Absatz 25
Zitat: „Zur Voraussetzung hat eine solche Handlung (eine freie Handlung) die Fähigkeit der moralischen Intuitionen (die haben wir immer). Wem die Fähigkeit fehlt, für den einzelnen Fall die besondere Sittlichkeitsmaxime zu erleben, der wird es auch nie zum wahrhaft individuellen Wollen bringen.“
Das ist Absatz 25: Es geht darum, sich selbst als Logos, als Ich zu erleben. Das kann man üben. Man kann ja auch zur Sportschule gehen und sich selbst immer stärker machen.
Gegenentwürfe zur Idee der Freiheit 0:08:55
Die zweite Hälfte des Kapitels vertieft eigentlich diesen Begriff der „Idee der Freiheit“. Steiner bringt jetzt Gegenentwürfe: Wieder ist es Kant, der der größte Gegenspieler ist, weil Kant ja auch eine Ethik entwickelt hat. Kant sagt: „Jeder Mensch soll in einer bestimmten Situation das tun, was jeder andere Mensch auch in dieser Situation tun würde.“
Steiner sagt genau das Gegenteil: Jeder Mensch soll in seiner Situation das tun, was nur er in dieser Situation tun soll. Das ist ein großer Unterschied. Nochmals: Wie kann man sich eigentlich in der Wirklichkeit sehen oder erleben? Die Wirklichkeit hat verschiedene Schichten. Also wenn das die Wirklichkeit ist (Video 10:25) und wir sind Teil der Wirklichkeit, dann haben wir einen physischen Körper. Wir haben einen - man könnte sagen - emotionalen Körper, wir haben einen mentalen Körper und wir haben ein Ich (Video 10:47). Etwas passiert in der Situation, wir nehmen das wahr, wir können direkt aus der Wahrnehmung reagieren oder aus unseren Gefühlen heraus oder aus unserer bisherigen mentalen Entwicklung oder aus dem Ich heraus (Video 11:18) Nur aus dem letzteren handeln wir als Mensch.
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Erkenntnisintuition und sittlich-moralische Intuition 0:11:26
Nun ist die Frage, wenn wir denkend und erkennend in der Welt stehen, dann denken wir das Allgemeine mit. Wenn ich eine Intuition in Form einer Idee bekomme, ist das etwas ganz Individuelles, etwas Besonderes. Man darf das nicht miteinander verwechseln, dass wir denkend das allgemeine Leben mitdenken können - wir leben ja alle in einer Wirklichkeit, wir leben auch alle in einer weltweiten Ökonomie, aber das ist eine andere Frage. Und aus diesem allgemeinen Geist, diesem einen Geist bekommen wir individuelle Intuitionen, was ich in dieser bestimmten Situation zu tun habe. Man hat also Erkenntnisintuitionen: „Wie verstehe ich die Situationen, in denen ich mich befinde?“ Man hat sittlich-moralische Intuitionen: „Was soll ich tun in dieser Situation?“ Das ist ja immer die Frage: Ich bin in einer bestimmten Situation. Ich muss die Situation verstehen und ich will wissen, was ich zu tun habe in dieser Situation. Wenn wir uns durch unsere Wahrnehmung, also durch unseren Körper führen lassen, wenn wir automatenhaft reagieren, dann enthält schon die Wahrnehmung dasjenige, was wir tun sollen. Wenn wir aber in der Lage sind wahrzunehmen, dass wir physisch und emotional reagieren, dann trennen wir eigentlich diese Beziehung zwischen dem was wir wahrnehmen und fühlen und wie wir handeln sollen. Das ist eine Notwendigkeit und am Anfang ist es sehr schwer.
Eigenes Beispiel anhand der Kindererziehung 0:14:13
Ich weiß noch, als ich Vater geworden bin, fing ich an auf meine Kinder zu reagieren, so wie mein Vater auf mich reagierte, als ich Kind war. Bis dahin hatte ich mir nicht bewusst gemacht, wie eigentlich meine Eltern mich als Kind geprägt haben. In dem Moment, als ich selber Kinder bekam, habe ich auf dieselbe Weise reagiert. Und ich musste das auflösen. Es war so mal so, dass ich auf der einen Seite noch reagierte und dann gleichzeitig zu meinen Kindern sagte: „Ich kann jetzt nichts dafür, dass ich so reagiere. Ich meine, du sollst es nicht persönlich nehmen.“ Nur langsam konnte ich das - wie ich erzogen wurde - loslassen und als liebender Vater reagieren. Das ist etwas Wichtiges, weil, - wenn wir noch nicht aus unseren eigenen Intuitionen handeln, sondern als Reaktion oder weil eine Autorität sagt: „Du sollst so handeln.“ - dann ist immer noch ein unbewusstes Motiv da.
Zum Beispiel: „Warum habe ich anfangs so gehandelt wie mein Vater mit mir gehandelt hat?“ Wenn ich darauf zurückschaue, dann ist es, weil ich immer noch nach der Erkenntnis (für die Anerkennung) meines Vaters so handelte. Ich habe meine Kinder am Anfang so erzogen, dass sie sein würden, so wie mein Vater mir das befohlen hat. Das war mir damals natürlich noch nicht bewusst, aber allmählich wurde ich mir dessen bewusst und eigentlich zu spät, was mich immer noch traurig macht.
Wenn man sich davon löst, also von der charakterologischen Anlage, wenn man nicht mehr aus seiner charakterologischen Anlage, sondern immer mehr aus sich selbst heraus handelt, dann gibt es nur noch einen Grund, warum man so handelt. Das ist aus der Liebe heraus. Dann braucht man keine Erkenntnis (Anerkennung) (Video 17:08) mehr vom Vater oder den Eltern, man braucht keine Anerkennung der Autorität, die gesagt hat: „Ja, du bist gut!“ Man braucht auch nicht mehr so handeln um Geld zu verdienen. Das ist ein ganz anderes Kapitel. Wenn man sich selbst lebt, dann fängt auch das Geld an zu strömen. Aber das werden wir in einem anderen Kurs tiefer behandeln. Wir handeln nur noch aus der Liebe heraus, auch wenn wir unsere Kinder erziehen. Ja, wir erziehen unsere Kinder, weil wir unsere Kinder lieben. Wenn das noch nicht so funktioniert, dann erziehen wir unsere Kinder so, wie wir gelernt haben, uns selbst oder wie unsere Eltern uns erzogen haben. Darüber muss man sich klar werden, dass eigentlich die Idee der Freiheit, folgendes ist: Wenn man fühlt, ich tue jetzt etwas aus der Liebe heraus, dass ich das schaffe, dann weiß ich, dass ich frei handele, dass ich aus mir selbst heraus handele.
Ein weiteres Beispiel - zwei Bäcker 0:18:20
Ich habe einmal - ich war festgefahren in meinem Leben - da habe ich ein 3/4 Jahr in einer Bäckerei gearbeitet. Es gab mehrere Bäcker und der eine Bäcker handelte aus Liebe zum Backen des Brotes heraus. Der war immer gut gelaunt und er war immer am Lachen und mit viel Energie unterwegs. Immer, wenn die Brote aus dem Ofen kamen, konnte man das riechen. Er hat erzählt, was er dann alles sieht an diesem Brot. Ob es gut gegangen ist oder etwas weniger gut.
Der andere Bäcker - der handelte - weil er Geld verdienen musste, weil er gerade eine Hypothek auf seinem Haus hat. Er musste ja das Geld verdienen, damit er diese Hypothek wieder zurückzahlen konnte. Da war immer ein bisschen böse. Er hatte keine schlechte Laune und so weiter. Also man kann Brot backen. Beide Bäcker backten Brot. Der eine war frei, weil er aus Liebe zum Brotbacken arbeitete und auch immer wieder neue Brote erfunden hat. Er arbeitete sechs Tage in der Woche. Und dann kam er noch am siebten Tag in die Bäckerei, weil er neue Brote ausprobieren wollte. Das ist wirklich aus Liebe heraus handeln und der andere Bäcker war immer ein bisschen zu spät, ging auch ein bisschen früher weg und war schlechter Laune. Das ist der Unterschied.
Die Handlung aus Liebe zur Tat 0:19:57
Also wenn man aus sich heraus handelt, dann fängt die Liebe an zu strömen, weil man aus der Liebe heraus handelt, was man schaffen will. Obwohl wir das erleben können - jeder Mensch hat das schon erfahren, dass man etwas tut was man liebt - glauben viele Menschen, dass wir nur zusammenleben können, dass wir nur zusammenarbeiten können, wenn wir die gleichen Normen und gleichen Werte beachten. Das ist sehr schwierig. Ich meine, es ist sehr schwierig, eine Zusammenarbeit, ein Zusammenwohnen, eine soziale Form zu schaffen, wo wir wirklich uns selbst und andere als Mensch auf eine menschenwürdige Weise beachten. Absatz 36 zum Beispiel fängt an mit der Frage:
Zitat: „Wie ist aber ein Zusammenleben der Menschen möglich, wenn jeder nur bestrebt ist, seine Individualität zur Geltung zu bringen? Damit ist ein Einwand des falsch verstandenen Moralismus gekennzeichnet. Dieser glaubt, eine Gemeinschaft von Menschen sei nur möglich, wenn sie alle vereinigt sind durch eine gemeinsam festgelegte sittliche Ordnung. Dieser Moralismus versteht eben die Einigkeit der Ideenwelt nicht. Er begreift nicht, daß die Ideenwelt, die in mir tätig ist, keine andere ist, als die in meinem Mitmenschen.“
Es geht darum, dass jeder aus seinem Ich heraus schafft. Dass jeder sich als Mensch manifestiert und sich zum Ausdruck bringt. Wenn man mit Politikern oder mit Menschen auf der Straße redet, haben sie kein Vertrauen darin, dass ich - wenn ich mich als Mensch manifestiere - die Welt schöner mache.
Vergleich mit den Bäumen und dem Wald 0:22:11
Das muss man sich vorstellen - ich habe schon diesen Vergleich mit den Bäumen gegeben. Das muss man sich vorstellen, wenn eine Buche denkt, sie darf keine Buche sein, sie darf sich nicht manifestieren als Buche, weil sie dann nicht zusammenleben können. Das ist ja Quatsch. Aber so denken die Menschen über sich selbst. Sie haben nicht das Vertrauen, dass man eigentlich Raum für sich selbst und einander schaffen muss, dass man sich als Mensch voll manifestieren kann. Sie glauben, dass man nur zusammenleben kann, wenn man „eine gemeinsame, festgelegte sittliche Ordnung“ hat. Dieser Moralismus, sagt Steiner, versteht die Einigkeit der Ideenwelt nicht. Nochmals, es ist sehr wichtig zu verstehen: Es gibt nur ein denkendes Bewusstsein, und dieses denkende Bewusstsein erscheint in mir und in allen anderen Menschen auf verschiedene Weise. Wenn wir zusammenarbeiten, zusammenwohnen oder eine Gemeinschaft bilden wollen, ist der einzige Grund, worauf wir eine Gemeinschaft gründen oder weswegen wir zusammenarbeiten können, sind gemeinsame Intentionen.
Das Beispiel mit dem Videokurs 0:23:53
Zum Beispiel mache ich jetzt konkret ein Projekt. Francois und ich habe beide die Intention, einen Kurs zu machen in der Philosophie der Freiheit. Er hat ein ganz anderes Ursprungssystem als ich. Es kann sein, dass wir uns überhaupt nicht einig sind in sonst irgendetwas. Aber das macht ja nichts. Ich habe das Vertrauen, dass er sich auch als Mensch manifestieren will. Und ich will mich auch als Mensch manifestieren. Und wir arbeiten jetzt zusammen mit der gemeinsamen Intention, einen Videokurs über Philosophie der Freiheit zu machen. Das ist der einzige Grund der Zusammenarbeit und ich vertraue darauf, dass er seine Intuitionen hat und ich meine, und das wird einander gegenseitig fördern, es schöner machen.
Vergleich des Buchenwaldes mit der menschlichen Gesellschaft 0:24:54
Genauso wie in einem Buchenwald sich die verschiedenen Bäume einander versorgen, sich Platz machen, füreinander Raum einnehmen oder Raum machen. Laut Peter Wohlleben, der das Buch geschrieben hat: Das verborgene Leben des Baumes sind die Bäume mit ihren Wurzeln miteinander verbunden und alles, was da ist an Nahrung, das verteilen sie untereinander. Das ist auch ein Vorbild für unsere Gesellschaft. Alles, was wir zusammen produzieren, sollen wir einerseits untereinander verteilen und andererseits sollen wir unsere Individualität manifestieren. Nur dann entsteht ja ein menschenwürdiges Zusammenleben der Gesellschaft.
Ein Lieblingssatz von Jac über die Individualität 0:25:44
In diesem 36. Absatz ist einer meiner beiden Lieblingssätze der Philosophie der Freiheit. Dieser Lieblingssatz:
Zitat: Individualität ist nur möglich, wenn jedes individuelle Wesen vom andern nur durch individuelle Beobachtung weiß“
Nochmal: Individualität (Man kann auch sagen Ich) ist nur möglich, wenn jedes individuelle Wesen vom anderen nur durch individuelle Beobachtung weiß.
Also ich bin nur möglich, wenn ich auch andere Iche - es brauchen nicht unbedingt menschliche Iche zu sein - kennenlerne durch individuelle Beobachtung. Also wenn ich zusammenarbeite oder zusammenwohne, dann nehme ich meine Mitmenschen wahr. Ich lerne sie kennen. Wir sind verbunden aufgrund gemeinsamer Intentionen. Wir geben uns gegenseitig Raum, dass jeder seine Qualitäten manifestieren kann. Im Prozess lernen wir einander immer besser kennen und schaffen Raum für einander, dass wir uns auch als Individualität manifestieren können.
Die Idee der Freiheit als Grundlage für die Dreigliederung des sozialen Organismus 0:27:17
Die Idee der Freiheit dieses neunten Kapitels ist die Grundlage für die spätere Dreigliederung des sozialen Organismus von Steiner. Selbst hat Steiner das hier im Jahre 1894 geschrieben und 1917 hat er erst die Dreigliederung des sozialen Organismus konzipiert. Also es hat noch eine sehr lange Weile gedauert, bis Steiner selbst es erfasst hatte, aber der Grund ist schon hier in der Philosophie der Freiheit.
Zitat: „Ein sittliches Mißverstehen, ein Aufeinanderprallen ist bei sittlich freien Menschen ausgeschlossen.“
Geistig freie Menschen, also freie Geister können nicht aufeinanderprallen. Sie können einander nicht missverstehen. Warum nicht? Weil ich meine Intuitionen aus dem einen Geist bekomme, der andere bekommt die Seinen, er will seine Intuitionen leben und ich meine Intuitionen. Das wird dazu führen, es sich einander gegenseitig immer schöner zu machen. Aber wenn wir versuchen, in ein und derselben sittlichen Moral zu leben, oder wenn wir nur automatenhaft reagieren, dann entsteht das Aufeinanderprallen. Wenn wir Krieg sehen oder eine Auseinandersetzung/Kampf/Streit, dann wissen wir, dass diese Leute nicht aus ihrem Ich heraus schöpfen, sondern dass sie irgendwie reagieren aus ihrem Ursprungssystem. Sie identifizieren sich mit ihrer Hautfarbe oder ihrem Glauben oder ihrer Lebensüberzeugung. Nur wenn man frei ist, kann man eigentlich mit allen Menschen leben und darauf vertrauen, dass sie sich auch zu einem freien Menschen entwickeln.
Die Charakterisierung des freien Menschen 0:29:40
In diesem Absatz 36 steht auch - man könnte sagen - eine Charakterisierung des freien Menschen:
„Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen.
Das ist ja immer der Versuch. Ich habe eine Übung, die ich früher oft gemacht habe und immer noch mitteile: wenn man aus seinem Ursprungssystem heraus lebt und arbeitet muss man viele Sachen machen. Überhaupt, wenn man in einem Haus wohnt muss man abwaschen, muss das Klo saubermachen und allerhand Sachen machen. Eine gute Übung ist, dass man das versucht aus Liebe zu tun, das Abwaschen, aus Liebe heraus das Klo saubermachen, etc. Meinen Kindern sage ich immer, auch wenn du später groß werden willst bei deiner Arbeit, du musst immer anfangen mit Klos saubermachen, also Toiletten saubermachen und wenn du das aus Liebe heraus tust, dann fängt etwas an zu wachsen.
Was aus diesem zweiten Teil des neunten Kapitel auch hervorgeht ist, dass man Vertrauen in den Menschen haben muss. Wenn man ängstlich ist, handelt und reagiert man wieder aus Emotionen heraus. Man darf ruhig Angst fühlen, aber man braucht nicht aus dieser Angst heraus zu handeln. Hat man Angst davor, dass Menschen nicht vertrauenswürdig sind, müssen wir an den Menschen Normen anlegen, sonst handeln sie nicht gut. Entwickelt man Vertrauen, schafft man Raum für sich selbst und die anderen Menschen, dass sie auf eine menschenwürdige Weise leben können. Das ist eine ständige Übung, aus Liebe und Vertrauen heraus zusammenzuleben, zusammenzuarbeiten und dem anderen Menschen zu vertrauen. Entweder er ergreift sich selbst diesen Raum, den man durch Liebe und Vertrauen schafft und er entwickelt sich als Mensch oder er tut es nicht. Dann kann man ihn trotzdem noch lieben und ihm vertrauen. Aber da muss man seine Grenze ziehen, dass er nicht übergriffig wird.
Die freie und unfreie Handlung 0:32:55
In diesem zweiten Teil behandelt Steiner sehr viele kleine Sachen. Die soll man eigentlich sorgfältig lesen. Jeden Absatz! Was sagt er da eigentlich? Wir wissen jetzt, dass unser Handeln entweder frei oder nicht frei ist. Entweder wir handeln automatenhaft, wir reagieren aus unserem Körper heraus oder wir handeln, weil wir uns durch eine Autorität Normen auferlegen lassen oder wir handeln frei. Um uns zu einem freien Menschen zu entwickeln, ja, das müssen wir selber tun.
Die Freiheit und wann handeln wir frei? 0:33:56
In Corona-Zeiten habe ich mich oft gewundert, dass die Leute für die Freiheit demonstrieren. Also die Forderung an die Regierung: „Ihr sollt uns freilassen!“ Das geht ja überhaupt nicht. Steiner schreibt zum Beispiel in Absatz 42:
Die Natur macht aus dem Menschen bloß ein Naturwesen; die Gesellschaft (macht aus dem Menschen) ein gesetzmäßig handelndes; ein freies Wesen kann er nur selbst aus sich machen. Die Natur läßt den Menschen in einem gewissen Stadium seiner Entwicklung aus ihren Fesseln los; die Gesellschaft führt diese Entwicklung bis zu einem weiteren Punkte; den letzten Schliff kann nur der Mensch selbst sich geben.“
In Corona-Zeiten kann man spüren, wie Politiker, wie die Gesellschaft, wie die Regierung uns immer mehr Regeln auflegen und wir können uns widersetzen. Aber es ist auch ein Aufruf, uns selbst zu freien Geistern zu entwickeln. Das Beispiel von Nelson Mandela, welches ich schon erwähnt habe, zeigt dass man sich in jeder Situation nach innen wenden kann um Intuitionen wahrzunehmen, so dass man frei handeln kann. Das ist sehr wichtig zu tun, weil, wenn man es nicht tut, wird in der Tat die Gesellschaft immer unfreier, weil die Menschen sich selbst nicht zu freien Geistern entwickeln. Wir müssen das wirklich selbst tun.
Die Bedeutung der freien Handlung 0:35:43
Ich war mal Waldorfschullehrer und damals waren die Gesetze in Holland noch so, dass wir die Waldorfschulpädagogik frei manifestieren konnten. Um 2010 sind die Gesetze in Holland geändert worden und dann musste jede Schule in den Niederlanden auf ein Abitur vorbereiten. Das haben wir verweigert. Wir haben gesagt: „Das geht nicht. Wir haben eine Schule und in dieser Schule, in dieser Waldorfschule, erziehen wir die Kinder so, dass sie sich selbst zu freien Geistern entwickeln können. Das heißt also, dass wir nicht auf ein Ziel hin, das von außen aufgelegt wird, die Kinder erziehen sollten. Wir haben uns daraufhin selbst aufgehoben, wir haben uns sterben lassen, in der Hoffnung, dass wir irgendwie anders wieder aufstehen würden. Aber die meisten Waldorfschulen in Holland haben sich angepasst, damit sie überlebten.
Aber was heißt das, wenn man sich anpasst, um zu überleben? Das heißt, dass man sich äußerlichen Normen und Gesetzen unterwirft, dann ist man auch tot. Die Waldorfschulen in den Niederlanden sind jetzt Staatsschulen mit einer Waldorfschulen-Sauce. Man muss wirklich den Mut haben, um immer wieder in der Situation nicht nur überleben zu wollen, sich anzupassen, sondern leben zu wollen, leben aus der Liebe zum Handeln. Manchmal kann es sein, dass äußerliche Mächte dich zwingen, nicht zu handeln. Das ist das Schlimmste eigentlich, was passieren kann, dass äußerliche Mächte dich zwingen, nicht zu handeln. Dann kann man äußerlich nichts tun. Aber innerlich kann man immer wieder die Würfel-Übung oder die Position Null Übung machen.
Ein freies Wesen kann der Mensch nur aus sich selbst machen. Wir müssen das eigentlich auch tun, wenn wir wirklich Mensch sein wollen und wenn wir eine menschenwürdige Gesellschaft gestalten wollen.
Ein Buchenwald ist ja ein Buchenwald, weil alle Buchen ohne Angst sich als Buchen manifestieren und eine Gesellschaft wird nur eine menschenwürdige Gesellschaft werden, wenn alle Menschen ohne Angst sich zum freien Wesen entwickeln. Dann entstehen gesellschaftliche Formen, die auf eine positive Weise zurückwirken, auf die individuellen Menschen, die dann wieder neu geboren werden in dieser Gesellschaft.
Also meine charakterologische Anlage ist durch eine materialistische Kultur, durch eine autoritäre, reformierte, christliche Kultur bedingt. Ich musste mich da heraus kämpfen. Aber jetzt habe ich als Initiative eine Schule für meine Kinder, wo sie aufwachsen und sich zu freien, Geistern entwickeln können. Also ich schaffe eine neue Kultur, eine Kultur aus Liebe und Vertrauen heraus. Das sind alles Sachen, die in dieser zweiten Hälfte des 9. Kapitels stehen.
Schlusswort 0:40:05
Ich habe ja schon erzählt, dass sich damals alle Schulen entweder anpassen oder sterben mussten. Wir sind gestorben. Inzwischen haben wir unsere eigene unabhängige Schule, wo ich auch Philosophie der Freiheit unterrichte. Ich habe mich selbst als Lehrer, als Professor bestimmt. In unserer Gesellschaft kann nur der Staat Professoren und Hochschullehrer bestimmen. Das ist aber Quatsch, das geht ja gar nicht. Man kann sich in einer Kultur nur selbst als Künstler oder als Wissenschaftler oder als Lehrer bestimmen, weil man nur dann in sich selbst gegründet sagt: „Ich bin, was ich sein will.“ Also ich habe mich selbst als Lehrer bestimmt, als Lehrer der Philosophie, der Freiheit. Wenn ich dann keinen Schüler bekommen würde, dann weiß ich, ich habe etwas - das war keine Intuition - ich habe etwas falsch gemacht. Das ist nicht schlimm. Man kann sich ja selbst immer korrigieren. Aber im Kulturleben soll man sich selbst bestimmen. Nichts mehr und nichts weniger.
Buddy-Übung 0:41:46
Ich kenne sehr viele Übungen, aber ich glaube, eine sehr gute Übung ist, einen Buddy zu finden und einmal in der Woche Gespräche zu haben über: „Wer bin ich eigentlich?“ „Was will ich?“ „Welche Werte will ich in der Welt schöpfen?“ „Was will ich der Welt geben aus mir heraus?“ „Und was kann ich eigentlich?“ Wenn man so ein halbes Jahr bis ein Jahr oder für mehrere Jahre so miteinander redet. „Ich bin“, „ich will“, „ich kann“ und das immer klarer kriegt und immer aus diesem „Ich bin“ heraus arbeitet, dann schaffen wir auch eine immer menschenwürdigere „Zusammenlebung“ der Gesellschaft. Ich sage immer „Zusammenlebung“. Ich finde das so ein schönes Wort.
Das ist eigentlich, was aus diesem Kapitel heraus voll folgt, dass man sagt „Ich will!“
Ich habe ja erzählt, damals, als junger Mann sagte ein alter Mann zu mir: „Sie machen nicht mehr, was sie wollen!“ Und ich habe mich daraufhin entschlossen: „Ich tue, was ich will.“ Es dauerte noch jahrelang, bis ich etwas gefunden habe, woher ich wissen kann, was ich will. Aus mir heraus. Aus meinem „Ich bin“, vertrauend auf meinem „Ich bin Gotteskind“ frei heraus zu leben. Ich danke euch.
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F FREIHEIT
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G |
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H HANDLUNG
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I INTUITION
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J JOHANNES-EVANGELIUM
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K |
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O ORGNISMUS, LEBENDIGER Philosophie der Freiheit als lebendiger Organismus: Steiner sagt selbst von der Philosophie der Freiheit, dass sie ein Organismus ist, sie ist ein lebendiges Wesen. Ein lebendiges Wesen heißt, dass es einen physischen Leib hat und ein spirituelles Wesen in sich. ..., obwohl es gedruckte Buchstaben sind, dass es lebendiges Wort gibt. [14 | 0:01:25] |
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U ÜBAUFGABE
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V |
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Einzelnachweise
- ↑ Ausschnitt aus einem Zitat von Jac Hielema vom 25. März 2023, welches als Testimonial zur GA 4 gemeint war