Menschendämmerung und Auferstehung der Menschheit - Ein Werk von Yeshayahu Ben-Aharon

Aus AnthroWorld

Die Geschichte der Michael-Bewegung seit dem Tod Rudolf Steiners - Eine esoterische Studie

Die Originalausgabe "Twilight and Resurrection of Humanity - The History of the Michaelic Movement since the Death of Rudolf Steiner - An Esoteric Study" wurde 2021 ins Deutsche übertragen von Ulrich Morgenthaler.

Grundgedanken

Ben-Aharon beginnt sein Werk mit zwei Grundlegenden Zitaten von Rudolf Steiner. Diese Zitate spiegeln sich in diesem gesamten Werk wieder. Es sind die beiden Zentralgedanken, seiner Forschungsarbeit, um die sich das Werk von Yeshayahu Ben-Aharon dreht.

«Und so haben wir, ich möchte sagen, fort­wirkend in der Anthroposophischen Gesellschaft den Aristotelis­mus, nur heute spiritualisiert, und seine weitere Spiritualisierung erwartend. ... Das aber, was heute nur wie durch kleine Fenster hereinschaut, muß in der Zukunft durch jene Ver­bindung zwischen den Führern der Schule von Chartres und den Führern der Scholastik eine Einheit werden, wenn die spirituelle Erneuerung, die auch das Intellektuelle in das Spirituelle herauf­führt, mit dem Ende des zwanzigsten Jahrhunderts eintritt.»
(Lit.: Rudolf Steiner: GA 240, S. 32-35)


«Einer Zeit müssen wir entgegengehen, wo wir zunächst den Christus finden, und in seinem Gefolge immer mehr Ätherisches. Dieses Ätherische wird die Stärke haben, dann noch individuelle Men­schen aus uns zu machen. ... Mögen Menschen behaupten, daß wir Phantasten oder sonst irgend etwas seien, wir wissen, wie es mit der Menschheits- und Weltentwickelung ist. Und derjenige, der um ihretwillen durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist, der sieht auch das, was sich in unserem Seele als der Ausdruck der Weltentwicke­lung ergibt. «Christus sieht uns», daran wollen wir festhalten.»
(Lit.: Rudolf Steiner: GA 254, S. 264-266)

Wenn wir uns dem ersten Zitat zuwenden, dann ist hier sehr bemerkenswert die drei Punkte zwischen den beiden verbindenden Sätzen. Hier liegt der eigentliche Schlüssel für die Schüler von Chartres. Zwischen den drei Punkten des ersten Zitat, stellen folgende Zeilen:

«Dann werden, am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, diejenigen kommen, von denen heute so mancher da ist, aber ver­einigt mit jenen, welche die Lehrer der Schule von Chartres waren. Dahin zielt die anthroposophische Bewegung: beide in sich zu ver­einigen. Aristotelismus in den Seelen, die vorzugsweise im alten Heidentum in Erwartung des Christentums standen und Christen­tum-sehnsüchtig gelebt haben, bis sie als Dominikaner das Christen­tum durch die Intellektualität verkünden konnten; sie werden ver­einigt sein mit denjenigen, welche das Christentum noch in physi­scher Weise erlebt haben und deren bedeutendste Führer vereinigt waren in der Schule von Chartres. Diese letztern waren bisher nicht in einer Inkarnation, obwohl ich bei meinem Nahetreten dem Cisterzienser-Orden immer Inkorporationen von manchen derjeni­gen antreffen konnte, die in der Schule von Chartres waren. Denn im Cisterzienser-Orden begegnete man mancher Persönlichkeit, die nicht eine Wiederverkörperung eines Schülers von Chartres war, die aber Augenblicke im Leben hatte, wo sie in begeisterter Weise für Stunden, für Tage durchsetzt war von einer solchen Individuali­tät aus der Schule von Chartres. Inkorporationen also, nicht In­karnation lag da vor. Und Wunderbares ist da geschrieben worden, wovon man fragen muß: Wer ist der Schriftsteller? Der Schrift­steller ist nicht der Pater, der damals im Cisterzienser-Orden war, in dem blaßgelben Kleid mit der schwarzen Stola und schwarzen Binde; sondern der Schriftsteller ist in diesem Falle jene Persönlich­keit, die für Stunden oder für Tage oder Wochen in der Seele eines solchen Cisterzienser-Ordensbruders Platz gegriffen hatte. Davon hat dann noch manches nachgewirkt in solchen Aufsätzen oder Schriften, die wenig in der Literatur bekannt geworden sind. Ich selber habe ein merkwürdiges Gespräch gehabt, von dem ich auch in «Mein Lebensgang» erzählt habe, mit einem Angehörigen des Cisterzienser-Ordens, der ein außerordentlich gelehrter Mann war. Wir gingen aus einer Gesellschaft fort und sprachen über das Chri­stus-Problem. Ich setzte meine Ideen darüber auseinander, die im wesentlichen dieselben waren, die ich immer vortrage. Er sagte, indem er unruhig wurde, während ich dies auseinandersetzte: Wir mögen vielleicht auf so etwas kommen; wir werden uns nicht ge­statten, so etwas zu denken. - In ähnlicher Weise sprach er sich über andere Probleme der Christologie aus. Aber dann blieben wir - der Moment steht mit großer Lebendigkeit vor meiner Seele -in Wien, dort wo der Schottenring und der Burgring aneinander­grenzen, auf der einen Seite die Hofburg, auf der anderen Seite das Hôtel de France und die Votiv-Kirche, etwas stehen, und da sagte der Mann zu mir: «Ich möchte, daß Sie mit mir gehen. Ich werde Ihnen aus meiner Bibliothek ein Buch geben; da steht etwas Merk­würdiges drin, was an das anknüpft, was Sie jetzt eben sagten.» Ich ging mit. Der Mann gab mir ein Buch über die Drusen. Aus dem ganzen Zusammenhange unseres Gespräches mit dem der Lektüre dieses Buches erfuhr ich, daß dieser grundgelehrte Mensch, als ich, von der Christologie ausgehend, auf die wiederholten Erdenleben zu reden kam, in einer ganz merkwürdigen Weise wie entgeistert war und, als er zu sich gekommen war, sich bloß erinnerte: er hat ein Buch über die Drusen, in dem steht etwas von der Wieder-verkörperung. Aus dem einen einzigen Buche wußte er das. Er war so gelehrt, daß man - er war schon Hofrat an der Wiener Universi­tät - von ihm sagte: «Der Hofrat N. N. kennt die ganze Welt und noch drei Dörfer» - so gelehrt war er -, aber er wußte nicht mehr in seiner Leiblichkeit, als daß in einem Werke über die Drusen etwas über die wiederholten Erdenleben steht. Das ist der Unter­schied zwischen dem, was die Menschen in ihrem Unterbewußtsein haben, und dem, was als die geistige Welt durch die Menschen­seelen strömt. - Und dann kam das Merkwürdige, daß ich einmal Ln Wien einen Vortrag hielt. Dieselbe Persönlichkeit war dabei, und nach dem Vortrage machte sie eine Bemerkung, die gar nicht anders aufzufassen war, als daß der Mann in diesem Augenblicke ein volles Verständnis hatte für einen Menschen der Gegenwart und für die Beziehung dieses Menschen der Gegenwart zu seiner früheren In­karnation. Und was er da über den Zusammenhang von zwei Erden-leben sagte, das war richtig, war nicht falsch. Aber er verstand gar nichts; er sprach das nur.

Ich will mit diesem nur andeuten, wie spirituelle Bewegungen hereinragen in die Gegenwart.»
(Lit.: Rudolf Steiner: GA 240, S. 32-34)